In industriellen Prozessen, in denen brennbare Stoffe wie Lösungsmittel, Gase oder Stäube vorkommen, ist das Risiko einer Explosion allgegenwärtig. Die europäischen ATEX-Richtlinien definieren klare Vorgaben, um Menschen und Anlagen zu schützen. Eine bewährte Methode zur Risikominimierung ist die Inertisierung mit Stickstoff. Doch wie funktioniert das genau, und warum ist Stickstoff so effektiv?
Explosionsschutz bedeutet, das Risiko einer Explosion in Anlagen oder Behältern zu verhindern. Das zentrale Konzept ist das Explosionsdreieck, bestehend aus:
Erst wenn alle drei Komponenten zusammenkommen, entsteht eine explosionsfähige Atmosphäre. Die ATEX-Direktiven bevorzugen Maßnahmen, die die Bildung explosionsfähiger Atmosphären, z. B. durch Trennung der Komponenten verhindern. Hier setzt die Inertisierung an: Stickstoff verdrängt Sauerstoff und „bricht“ das Dreieck.
Stickstoff ist ein inertes Gas, das weder brennbar noch reaktiv ist. Bei der Inertisierung wird Stickstoff in Tanks, Reaktoren oder Rohrleitungen eingeleitet, um den Sauerstoffgehalt zu senken. Typische Zielwerte liegen unter 8 bis 10 % Sauerstoff, abhängig vom jeweiligen Stoff – bei Ethanol z. B. etwa 8 %.
Vorteile der Stickstoff-Inertisierung:Die beiden zentralen ATEX-Direktiven sind:
Gemäß ATEX gilt: Explosionsgefahr vermeiden, bevor sie entsteht. Die Inertisierung mit Stickstoff ist eine anerkannte Maßnahme, um die Bildung explosionsfähiger Atmosphären zu verhindern. Sie erfüllt damit die Grundprinzipien der Richtlinien.
Die Reinheitsangabe „5.0“ steht für 99,999 % Stickstoff und ist ein Standard in Hightech-Branchen wie Elektronik oder Pharma. Für den Explosionsschutz ist diese Reinheit jedoch nicht erforderlich. Für die Sauerstoffverdrängung reicht in der Regel eine Reinheit von 99,5 % völlig aus. Höhere Reinheitsgrade bedeuten deutlich höhere Kosten, ohne zusätzlichen Sicherheitsgewinn. Die Herstellung von hochreinem Stickstoff ist zudem energieintensiv und erfordert komplexe Adsorptionssysteme. Für viele industrielle Anwendungen ist daher ein wirtschaftlicher Mittelweg die sinnvollste Lösung.
Typische Branchen: Chemie, Lebensmittel, Pharma, Öl & Gas, Lack- und Farbenindustrie
Es gibt verschiedene Methoden, Stickstoff bereitzustellen:
1. Gasflaschen (Zylinder)
Sie liefern Stickstoff in vorgefüllter und standardisierter Reinheit. Allerdings sind die Lieferintervalle starr, die Flexibilität gering und zusätzlicher Lagerplatz erforderlich.
2. Flüssigstickstoff-Tanks
Ideal für große Volumina und besonders effizient bei konstant hohem Bedarf. Allerdings erfordert diese Lösung eine aufwendige Infrastruktur mit Tanks, Isolierung und Transferleitungen.
3. On-site-Generatoren
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Methode |
Reinheit |
Vorteile |
Nachteile |
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Gasflaschen/ Tanks |
Feste Reinheit |
Einfach, keine Installation |
Lieferzeiten, Lagerbedarf |
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Membran-Generator |
95–99,5 % |
Günstig, kompakt, energieeffizient |
Begrenzte Reinheit |
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PSA-Generator |
bis 99,999 % |
Flexibel, skalierbar |
Höherer Energieverbrauch |
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Cryogene ASU |
>99,99 % |
Hohe Kapazität, Premiumqualität |
Hohe Investitionskosten |
Praxis-Tipp: Für ATEX-konforme Inertisierung reicht in den meisten Fällen ein Membransystem oder PSA-Generator mit mittlerer Reinheit.
Warum 99,5 %-Stickstoff wirtschaftlich sinnvoll ist:
Stickstoff ist ein Schlüssel zur Sicherheit in explosionsgefährdeten Bereichen. Durch die gezielte Sauerstoffverdrängung lassen sich Risiken minimieren und ATEX-Vorgaben erfüllen, ohne unnötige Kosten für überhöhte Reinheit. Die Devise lautet: Sicherheit ja, aber wirtschaftlich sinnvoll.