Kompressor- und Druckluft-Blog

ISO 18740: Die Norm für faire Leistungstests bei Turbokompressoren

Geschrieben von Natalie Sener | 15.10.2025 12:33:36

In der industriellen Drucklufttechnik ist Transparenz bei den Leistungsdaten entscheidend, besonders, wenn es um Investitionen in energieintensive Anlagen wie Turbokompressoren geht. Doch wie wird sichergestellt, dass die angegebenen Leistungswerte auch wirklich vergleichbar sind?

Dafür wurde die ISO 18740 entwickelt: eine internationale Norm, die vereinfachte Leistungstests für elektrisch angetriebene, zentrifugale Turboverdichter mit fester Drehzahl beschreibt. Die ISO sorgt für einheitliche Prüfbedingungen, klare Toleranzen und damit für mehr Fairness im Wettbewerb.

Warum braucht es eine eigene Norm für Turbokompressoren?

Turbokompressoren unterscheiden sich technisch stark von Verdrängermaschinen wie Schrauben- oder Drehkolbengebläsen. Während die ISO 1217 bereits seit Jahren als Standard für Verdrängermaschinen gilt, fehlte eine vergleichbare Regelung für Turbos bis zur Einführung der ISO 18740.

Diese Norm definiert:

  • Wie die Leistung gemessen wird: z. B. am Druckstutzen, nicht nur am Ansaugpunkt
  • Welche Verluste berücksichtigt werden müssen: z. B. Motor, Frequenzumrichter, Lüfter
  • Welche Toleranzen zulässig sind: ±4 % beim Volumenstrom, ±5 % bei der spezifischen Leistungsaufnahme

Unser ölfreies Turbogebläse ZB VSD⁺: Druckluftlösungen zwischen 0,3 und 1,4 bar(g)/4 und 20 psig

Was genau regelt die ISO 18740?

Die Norm ist speziell für:

  • Zentrifugale Turboverdichter
  • Elektrischen Antrieb
  • Feste Drehzahl (Fixed Speed)

Sie legt fest, dass die Klemmenleistung (also die elektrische Leistung am Anschluss) inklusive aller Verluste und Peripherieaggregate gemessen werden muss. Dazu zählen:

  • Motorverluste
  • Verluste durch Frequenzumrichter (FU)
  • Lüfterverluste
  • Leerlaufverbräuche

Die spezifische Leistungsaufnahme (SER) wird dann wie folgt berechnet:

Volumenstrom ist nicht gleich Volumenstrom

In der Praxis wird häufig zwischen dem Ansaugvolumenstrom und dem nutzbaren Volumenstrom am Druckstutzen unterschieden. Während der Ansaugvolumenstrom z. B. in Normen wie der ISO 5389 verwendet wird, orientiert sich die ISO 18740 am nutzbaren Volumenstrom (also dem Luftstrom, der tatsächlich am Ausgang des Verdichters zur Verfügung steht).

Diese Unterscheidung ist wichtig, denn der nutzbare Volumenstrom berücksichtigt sowohl interne als auch externe Verluste, die während des Verdichtungsprozesses auftreten können. Dazu zählen u. a. Rückströmungen im Verdichter sowie Verluste durch Komponenten wie Ventile, Ansaugfilter, Rückschlagklappen und Schalldämpfer. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor bei der Auslegung und Bewertung von Anlagen, denn diese Einflüsse können den Volumenstrom um bis zu 2,5  % reduzieren.

Vergleich mit anderen Normen

  ISO 18740 ISO 1217 ISO 5389
Typ Turbo Verdränger Turbo
Volumenstrom Druckstutzen Druckstutzen Ansaugseite
Leistungsmessung Klemmenleistung (inkl. Verluste) Klemmenleistung (inkl. Verluste) Wellenleitung
Toleranzen  ±4 % V̇, ±5 % SER   ±4 % V̇, ±5 % SER  keine festen Toleranzen 

Die ISO 18740 ist die einzige Norm für Turbokompressoren, die realistische Leistungsdaten auf Basis der tatsächlichen elektrischen Aufnahmeleistung liefert.

Warum sind Toleranzen wichtig?

Ein Beispiel verdeutlicht, wie stark sich die Ergebnisse unterscheiden können, wenn keine einheitlichen Toleranzen verwendet werden:

  Volumen-strom (Nm³/h)  Leistung (kW)  SER (W/Nm³/h) Abweichung 
Angebot 1000 100 100 -
Test (ohne ISO)  950 105 110,53  +10,53 % 
Test (ISO-konform)  960 100,8 105  +5,0 % 

Ohne ISO-konforme Toleranzen kann ein Anbieter bessere Werte vortäuschen, obwohl die Maschine mehr Energie verbraucht.

Was ist bei der Anwendung der ISO 18740 zu beachten?

Die Norm gilt derzeit ausschließlich für Turbokompressoren mit fester Drehzahl (Fixed Speed). Eine Erweiterung der Norm, die auch frequenzgeregelte Verdichter (Variable Speed Drives, VSD) berücksichtigt, befindet sich aktuell in Vorbereitung. Für die Leistungsbewertung ist es wichtig, dass der Volumenstrom am Druckstutzen gemessen wird, da dieser den tatsächlich nutzbaren Luftstrom abbildet. Sollte eine direkte Messung an dieser Stelle nicht möglich sein, muss stattdessen der Ansaugvolumenstrom erfasst und mithilfe eines Umrechnungsfaktors auf den Volumenstrom am Druckstutzen übertragen werden.

Ebenso entscheidend ist die korrekte Erfassung der Klemmenleistung, die vollständig (inkl. aller relevanter Verluste) angegeben werden muss. Dazu zählen nicht nur die Motorverluste und die Verluste durch Frequenzumrichter, sondern auch Leerlaufverbräuche, wie sie z. B. bei luftgelagerten Turbos auftreten. Es ergibt sich nur ein realistisches Bild der tatsächlichen Energieaufnahme und damit der Betriebskosten, wenn diese Faktoren berücksichtigt werden.

Fazit

Die ISO 18740 ist ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz und Fairness im Markt für Turbokompressoren. Sie hilft:

  • Herstellern, ihre Produkte objektiv zu bewerten
  • Planern, realistische Betriebskosten zu kalkulieren
  • Betreibern, fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen

Wenn Turbos verglichen werden, sollte man auf folgende Punkte achten:

  • Welche Norm wurde verwendet?
  • Sind Toleranzen angegeben?
  • Wurde die Klemmenleistung vollständig berücksichtigt?