In der pneumatischen Fördertechnik gehört die zuverlässige Handhabung feiner, rieselfähiger Pulver zu den grundlegenden Anforderungen zahlreicher industrieller Anwendungen. Ganz gleich, ob in der Lebensmittel-, Chemie- oder Baustoffindustrie – Materialien wie Zucker, Mehl, Milchpulver, Kalk oder Pigmente müssen unter hohen Anforderungen effizient, hygienisch und störungsfrei durch pneumatische Systeme transportiert werden. Doch vor allem diese feinen Materialien führen unter bestimmten Bedingungen zur Klumpenbildung, was die Prozesssicherheit gefährdet und zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen kann.
Die unsichtbare Ursache: Feuchtigkeit in der Druckluft
Die Feuchtigkeit in der Druckluft ist häufig ein unterschätzter Faktor bei der Klumpenbildung, die für den Transport des Materials verwendet wird. Auch wenn die Luft komprimiert und scheinbar trocken aussieht, enthält sie ohne gezielte Aufbereitung eine Restfeuchte. Diese Feuchtigkeit kann sich in Form von Kondensat an den kühlen Innenwänden der Förderrohre niederschlagen oder direkt mit dem Fördergut in Kontakt kommen.
Besonders herausfordernd wird die Förderung, wenn es sich um hygroskopische oder sehr feine Pulver handelt. Aufgrund ihrer hohen Kohäsion neigen diese Stoffe dazu aneinanderzuhaften. Als Kohäsion bezeichnet man in der Physik und Chemie die Bindungskräfte zwischen Atomen sowie zwischen Molekülen innerhalb eines Stoffes. Die Kräfte sorgen für seinen Zusammenhalt. Sie wirken in Gasen, Flüssigkeiten oder in Festkörpern und führen an den Oberflächen eines flüssigen Stoffes zur Oberflächenspannung.
Das bedeutet in der Praxis: Je feiner das Pulver, desto stärker wirken diese inneren Anziehungskräfte. Kommt nun Feuchtigkeit ins Spiel, etwa durch unzureichend aufbereitete Druckluft, verstärken sich die kohäsiven Effekte erheblich. Die Partikel beginnen zu verklumpen, lagern sich an den Innenwänden der Förderleitungen ab oder bilden feste Brücken, die den Materialfluss behindern oder vollständig blockieren.
Die Konsequenzen sind erheblich: Das Fördergut verliert seine Fließfähigkeit, es kommt zu Störungen im Materialtransport, häufigem Reinigungsbedarf und im schlimmsten Fall zu Produktionsstillständen. Besonders in automatisierten Prozessen kann dies zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Schäden führen.
Die Lösung: Trockene Luft und angepasste Fördertechnik
Um Klumpenbildung zu vermeiden, kommt es auf die richtige Aufbereitung der Druckluft sowie die passende Förderart an.
1. Druckluftversorgung: Ölfrei und zuverlässigDie Basis jeder pneumatischen Förderung ist eine stabile und saubere Druckluftversorgung. Bevor die Luft aufbereitet wird, muss sie zuverlässig und in der richtigen Qualität erzeugt werden. Für pneumatische Förderprozesse kommen häufig ölfrei verdichtende Niederdruckkompressoren bis 4 bar zum Einsatz. Sie bieten gleich mehrere Vorteile:
- Ölfreie Verdichtung für maximale Produktsicherheit
In sensiblen Branchen wie der Lebensmittel- oder Chemieindustrie ist absolute Reinheit Pflicht. Ölfrei verdichtende Kompressoren verhindern das Risiko von Ölverunreinigungen im Fördergut und sichern so die Produktqualität.
- Effizient für Niederdruckanwendungen
Pneumatische Förderprozesse benötigen in der Regel keinen hohen Druck, sondern konstante Luftmengen bei niedrigem Druckniveau. Kompressoren bis 4 bar sind dafür optimal ausgelegt und arbeiten besonders energieeffizient.
- Zuverlässigkeit und Prozesssicherheit
Eine stabile Druckluftversorgung reduziert Stillstandzeiten, minimiert Wartungsaufwand und sorgt für einen gleichmäßigen Materialfluss – ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit der gesamten Anlage.
2. Druckluftaufbereitung: Kontrolle der Feuchtigkeit
Ist die Druckluft erzeugt, folgt der nächste entscheidende Schritt: die gezielte Trocknung. Nur so lässt sich verhindern, dass Feuchtigkeit Klumpenbildung verursacht. Hier kommen zwei bewährte Verfahren zum Einsatz:
- Kältetrockner senken die Temperatur der Druckluft, sodass der enthaltene Wasserdampf kondensiert und abgeschieden werden kann. Die Methode eignet sich für Anwendungen mit moderaten Anforderungen an die Lufttrockenheit.
- Adsorptionstrockner arbeiten mit Trockenmitteln, die die Feuchtigkeit aus der Luft binden. Sie ermöglichen besonders niedrige Taupunkte von bis zu – 40 °C und sind damit ideal für sensible Förderprozesse, bei denen selbst geringste Feuchtigkeitsmengen problematisch sind.
3. Förderart: Materialgerecht fördern
Ist die Druckluft sauber und trocken, entscheidet die Wahl der Förderart über einen störungsfreien Betrieb. Je nach Materialeigenschaften und Prozessanforderungen bieten sich unterschiedliche Förderprinzipien an:
- Dünnstromförderung arbeitet mit hoher Luftgeschwindigkeit und geringem Materialanteil im Luftstrom. Das Material wird in einem turbulenten Strom transportiert, wodurch der Kontakt mit den Rohrwänden minimiert wird. Die Methode eignet sich vor allem für trockene, rieselfähige Pulver und reduziert die Neigung von Klumpen durch die kurze Verweildauer und geringe Materialanhaftung.
- Dichtstromförderung transportiert das Material in kompakten „Pfropfen“ bei niedrigerer Geschwindigkeit und kontrollierter Luftmenge. Die Förderart ist besonders schonend und eignet sich für empfindliche oder abrasive Stoffe. Entscheidend ist jedoch, dass die eingesetzte Luft absolut trocken ist, sonst kann die Klumpenbildung sogar verstärkt werden.
Fazit
Die Klumpenbildung in pneumatischen Fördersystemen ist ein Zusammenspiel aus Materialeigenschaften, physikalischen Prozessen und technischen Rahmenbedingungen. Wenn man die Ursachen versteht und gezielt Maßnahmen ergreift, kann das Problem dauerhaft und wirkungsvoll behoben werden. Der Schlüssel zu einem störungsfreien Betrieb ist die Kombination aus Druckluftaufbereitung und einer materialgerechten Förderart. Dadurch lassen sich nicht nur Produktionsausfälle vermeiden, sondern auch die Produktqualität sichern und die Effizienz der gesamten Anlage steigern.