Stickstoff (N₂) ist ein inertes Gas und kommt in zahlreichen industriellen Anwendungen zum Einsatz, von der Lebensmittelverarbeitung über die Metallverarbeitung bis hin zur Pharmaindustrie. Die sichere und effiziente Lagerung erfordert technisches Wissen, organisatorische Sorgfalt und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.
Anwendungsbeispiele:
- Lebensmittelindustrie: Verpackung unter Schutzatmosphäre, Lagerung und Transport empfindlicher Produkte
- Metallverarbeitung: Laserschneiden, Schweißen, Wärmebehandlung
- Pharmaindustrie: Schutz vor Oxidation und Feuchtigkeit, Abfüllung unter Stickstoffatmosphäre
- Elektronikfertigung: Schutzgas beim Löten, Trocknung und Reinigung von Bauteilen
Was macht Stickstoff potenziell gefährlich?
Stickstoff ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas und macht unter Normalbedingungen etwa 78 % der Erdatmosphäre aus. Es ist in reiner Form nicht giftig, nicht brennbar und reagiert kaum mit anderen Stoffen. Gerade diese Eigenschaften machen es so wertvoll für die industrielle Anwendung. Doch genau darin liegt auch eine unterschätzte Gefahr: In geschlossenen Räumen kann Stickstoff unbemerkt den Sauerstoff verdrängen. Da der Mensch den Sauerstoffmangel nicht unmittelbar wahrnimmt, besteht bei Leckagen oder unsachgemäßer Lagerung akute Erstickungsgefahr.
Welche Lagermöglichkeiten gibt es?
Die Art, wie man Stickstoff lagert, ist abhängig von der benötigten Menge und dem Einsatzzweck. Es haben sich drei Formen in der Praxis etabliert:
Druckgasflaschen
Stickstoff wird für kleinere Anwendungen oder mobile Einsätze häufig in Druckgasflaschen mit einem Fülldruck von bis zu 300 bar gelagert. Die Flaschen bestehen aus festem Stahl oder Aluminium und sind mit genormten Ventilen ausgestattet. Sie lassen sich einfach transportieren und lagern, erfordern jedoch besondere Vorsicht im Umgang, vor allem beim Anschluss an Entnahmesysteme.
Flaschenbündel
Wenn größere Mengen Stickstoff benötigt werden, kommen sogenannte Flaschenbündel zum Einsatz. Dabei handelt es sich um mehrere miteinander verbundene Druckgasflaschen, die gemeinsam betrieben werden. Die Bündel ermöglichen eine höhere Entnahmerate und reduzieren den logistischen Aufwand im Vergleich zur Einzelhandhabung.
Kryogene Lagertanks
Für industrielle Großverbraucher ist die Lagerung von Stickstoff in tiefkalt verflüssigter Form (bei -196 °C) die wirtschaftlichste Lösung. In vakuumisolierten Tanks wird der flüssige Stickstoff gespeichert und bei Bedarf über Verdampfer in die gasförmige Phase überführt. Diese Tanks sind hochkomplexe Systeme, die kontinuierlich überwacht und gewartet werden müssen.
Welche Sicherheitsmaßnahmen sollten beachtet werden?
Die Lagerung von Stickstoff unterliegt in Deutschland strengen gesetzlichen Vorgaben. Maßgeblich sind die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 510), die präzise Anforderungen an die sichere Aufbewahrung in ortsbeweglichen Behältern festlegen.
Die wichtigsten Sicherheitsmaßnahmen:
- Ausreichende Belüftung: Lagerräume müssen so konzipiert sein, dass eine Anreicherung von Stickstoff in der Atemluft ausgeschlossen werden kann. In vielen Fällen sind Sauerstoffsensoren vorgeschrieben, die bei Unterschreitung kritischer Werte Alarm schlagen.
- Zugangsbeschränkung: Nur geschultes Personal darf mit Stickstoffanlagen arbeiten. Dabei sind regelmäßige Unterweisungen und Notfallübungen Pflicht.
- Kennzeichnung und Dokumentation: Es müssen alle Behälter eindeutig gekennzeichnet sein. Außerdem müssen Sicherheitsdatenblätter und Betriebsanweisungen jederzeit zugänglich sein.
- Brandschutz und Explosionsschutz: Auch wenn Stickstoff selbst nicht brennbar ist, können bei unsachgemäßer Lagerung andere Gefahren, etwa durch Druckentlastung oder mechanische Beschädigung von Behältern, entstehen.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es?
Neben der TRGS 510 sind weitere Vorschriften zu beachten, darunter die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie internationale Regelwerke wie zum Beispiel das ADR für den Transport auf öffentlichen Straßen. Für stationäre Anlagen gelten außerdem Normen wie die DIN EN ISO 14114, die sicherheitstechnische Anforderungen an Gasanlagen festlegt.
Eigene Herstellung
In vielen Industriebetrieben wird Stickstoff direkt vor Ort, etwa durch Druckwechseladsorption (PSA) oder Membranverfahren, erzeugt. Diese Technologien ermöglichen eine kontinuierliche Versorgung mit gasförmigem Stickstoff in hoher Reinheit, ohne dass Lagerung und Transport in großem Umfang notwendig sind.
Vorteile der Vor-Ort-Erzeugung:
- Unabhängigkeit von Lieferketten: Keine Verzögerungen oder Engpässe bei der Stickstoffversorgung
- Kosteneffizienz: Wegfall von Miet-, Transport- und Lagerkosten für Gasflaschen
- Nachhaltigkeit: Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks durch Wegfall von Transporten
- 24/7-Verfügbarkeit: Permanente Versorgung mit der benötigten Menge und Reinheit
- Einfache Integration: Die Systeme lassen sich direkt in bestehende Druckluftanlagen einbinden
Fazit
Die Lagerung von gasförmigem Stickstoff ist technisch umsetzbar, aber sie erfordert auch ein hohes Maß an Verantwortung. Wer die physikalischen Eigenschaften des Gases versteht, die technischen Möglichkeiten kennt und die gesetzlichen Vorschriften beachtet, schafft die Grundlage für einen sicheren und effizienten Einsatz. In der heutigen Zeit, in der Nachhaltigkeit und Sicherheit immer stärker in den Vordergrund rücken, ist der sachgerechte Umgang mit technischen Gasen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
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