Kompressor- und Druckluft-Blog

Pneumatische Förderung im Vergleich: Welches System für welches Schüttgut?

Geschrieben von Natalie Herber | 10.07.2025 06:59:41

Die pneumatische Förderung ist ein Verfahren in der Schüttguttechnik, das sich durch seine Flexibilität, geschlossene Bauweise und Automatisierbarkeit auszeichnet. Doch nicht jedes Material eignet sich für jede Förderart – und auch die Wahl der Gebläsetechnologie beeinflusst Effizienz und Betriebskosten. In diesem Beitrag geben wir einen systematischen Überblick über die wichtigsten pneumatischen Förderarten, deren Eignung für verschiedene Schüttgüter sowie den Vergleich von Drehkolben- und Schraubengebläsen.

Pneumatische Fördersysteme transportieren Schüttgüter mithilfe eines Gasstroms – meist Luft – über Entfernungen von wenigen bis zu Hunderten von Metern durch Rohrleitungen von einem Ort zum anderen. Dabei wird zwischen Saugförderung (Unterdruck) und Druckförderung (Überdruck) unterschieden. Die Wahl des Systems hängt von Faktoren wie Förderstrecke, Materialeigenschaften, Hygieneanforderungen und Energieeffizienz ab.

Beispiel Schüttgüter 

Kategorie Materialien
Lebensmittel & Zutaten Mehl, Zucker, Maisstärke, Kakao-/Kaffeebohnen, Traubenzucker, Süßigkeiten, Haselnüsse, Getreide
Chemikalien & Additive Natriumbikarbonat, Zinkoxid, Aktivkohle, Kalk, Harze 
Baustoffe & Industriemineralien Zement, Quarzsand, Flugasche, Tonerde, Ruß
Kunststoffe & Recyclingmaterialien Kunststoffgranulat, Glasscherben 

Welche Förderarten gibt es? 

Dünnstromförderung: 0,3 – 1 bar / ~ 20 m/s
Dünnstromförderung bezeichnet Förderprozesse mit niedriger Materialkonzentration und hoher Luftgeschwindigkeit. Sie ist einfach zu steuern und eignet sich für lange Förderstrecken. Typische Einsatzbereiche sind die kontinuierliche Förderung von Pulvern oder Granulaten in der Chemie- und Lebensmittelindustrie.

Die Flugförderung ist eine Form der Dünnstromförderung, bei der das Schüttgut vollständig fluidisiert und mit hoher Geschwindigkeit durch eine Rohrleitung transportiert wird. Sie eignet sich besonders für feinkörnige, trockene und gut fließfähige Materialien wie Zement, Mehl oder Kunststoffgranulate. Der hohe Luftanteil führt zu einer geringen Materialkonzentration, was zwar eine schnelle Förderung ermöglicht, jedoch auch einen erhöhten Energieverbrauch und stärkeren Abrieb verursachen kann. Neben der klassischen Flugförderung gibt es auch Varianten der Dünnstromförderung mit geringerer Fördergeschwindigkeit, die sich besser für empfindlichere Produkte eignen. Insgesamt ist die Dünnstromförderung eine effiziente Methode, um große Materialmengen in kurzer Zeit zu transportieren – insbesondere dann, wenn eine hohe Förderleistung erforderlich ist. 

Vorteile
  • Hohe Fördergeschwindigkeit = kurze Entladezeit
  • Geeignet für unempfindliches Schüttgut
  • Hohe Flexibilität bei Installation, Erweiterung und Betrieb
  • Geeignet für mehrere Empfänger

Nachteile

  • Hohe Fördergeschwindigkeit bei abrasiven Partikeln können Rohrleitung beschädigen
  • Empfindliche Produkte können zerbrechen

Dichtstromförderung: 1,5 – 4 bar / 0,5 – 20 m/s
Bei der Dichtstromförderung wird das Material durch die Rohrleitung geschoben. Auch Vakuumanwendungen sind möglich. Das Material bewegt sich langsamer und ein höherer Druck wird benötigt. Die Niederdruckkompressoren liefern einen Druck von bis zu 4 bar(g) und sind so auch für Anwendungen mit höherem erforderlichem Druck geeignet.

Strähnenförderung (Übergangsform)

Die Strähnenförderung liegt zwischen Dünn- und Dichtstromförderung. Das Material wird in unregelmäßigen Strängen transportiert, was eine moderate Luftgeschwindigkeit und geringeren Verschleiß ermöglicht. Sie eignet sich für Materialien mittlerer Fließfähigkeit und Empfindlichkeit. Mit Geschwindigkeiten von 10 bis 20 m/s rutscht in einem kontinuierlichen Strom ein Teil des Schüttgutes über den Boden des Rohres, während darüber fliegende Partikel das Schüttgut fortbewegen. Die Beladung kann 20 bis 40 kg/kg* betragen.

Pfropfenförderung (Dichtstromförderung mit diskontinuierlichem Materialfluss)

Bei der Pfropfenförderung wird das Material in kompakten „Pfropfen“ durch die Leitung gedrückt. Diese Förderart ist besonders schonend und eignet sich für empfindliche oder abrasive Materialien. Sie erfordert eine präzise Steuerung der Luftzufuhr und ist technisch anspruchsvoller, bietet aber Vorteile hinsichtlich Produktschonung und Energieeffizienz. Geschwindigkeiten liegen bei etwa 0,5 m/s bis rund 10 m/s. Die Beladung kann bis zu 100 kg/kg* betragen.

* kg Fördergut pro kg Luft

Vorteile 

  • Niedrige Fördergeschwindigkeit minimiert Beschädigung an Rohrleitungen
  • Besonders schonende und langsame Förderung (Pfropfenförderung) sind für empfindliches Schüttgut geeignet 
  • Entmischung von Mischgut wird verhindert

Nachteile 

  • Niedrige Fördergeschwindigkeit = lange Entladezeiten 
  • Höhere Energieaufnahme

Vergleich der Förderarten 

Förderart

Materialkon-zentration

Luftge-schwin-digkeit

Eignung für empfind-liche Produkte

Energiever-brauch

Steuerungs-aufwand

Flugförderung

niedrig

sehr hoch

gering

sehr hoch

gering

Strähnen-förderung

mittel

mittel

mittel

mittel

mittel

Pfropfen-förderung

hoch

niedrig

hoch

mittel

hoch

Drehkolben- vs. Schraubengebläse

In pneumatischen Fördersystemen ist die Wahl des Gebläses entscheidend für Energieeffizienz, Betriebssicherheit und Materialschonung. Zwei der gängigsten Technologien sind Drehkolbengebläse und Schraubengebläse. Drehkolbengebläse eignen sich für einfache Anwendungen mit konstantem Druckbedarf und geringem Budget. Schraubengebläse sind ideal für eine energieeffiziente, geräuscharme Förderung bei wechselnden Betriebsbedingungen oder empfindlichen Materialien.

Merkmal

Drehkolbengebläse

Schraubengebläse

Funktionsprinzip

Zwei gegenläufige Kolben verdrängen Luft pulsierend

Zwei rotierende Schrauben verdichten Luft kontinuierlich

Druck

Maximaler Druck 1.000 mbar(g)

Maximaler Druck 1.500 mbar(g)

Kraftübertragung

Über Keilriemen

Über Getriebe -> effizienter und besseres Teillastverhalten

Luftstrom

Pulsierend, weniger gleichmäßig

Gleichmäßig, nahezu pulsationsfrei

Energieeffizienz

Geringer bei höheren Drücken

Höher, besonders bei variablen Lasten

Geräusch-entwicklung

Höher

Leiser durch kontinuierliche Verdichtung

Wartung

Einfach, robust

Aufwendiger, höhere Anforderungen an Schmierung

Kosten

Niedrige Investitionskosten

Niedrigere Betriebskosten

Die Wahl des richtigen pneumatischen Fördersystems hängt von zahlreichen Faktoren ab – insbesondere von der Materialbeschaffenheit, der gewünschten Förderleistung und den betrieblichen Rahmenbedingungen. Dünnstromförderung bietet Vorteile bei langen Strecken und einfachen Materialien, während Pfropfen- und Strähnenförderung für empfindliche oder anspruchsvolle Produkte geeignet sind. Die Wahl des passenden Gebläses beeinflusst dabei die Effizienz und Betriebskosten.